Die Ausgewiesenen

Foto: © Frank Gaudlitz

In jenem Chişinăuer Flüchtlingsheim, in dem hauptsächlich Roma aus der Ukraine untergebracht sind, treffen wir eine Gruppe von Menschen, die wir nicht am Radar gehabt hatten. Es handelt sich um vier Männer und drei Frauen mit nichtukrainischer Staatsbürgerschaft, die in den letzten Monaten aus der Ukraine ausgewiesen wurden. Die meisten von ihnen hatten sich zuvor selbst an die ukrainischen Migrationsbehörden gewandt, um ihren Aufenthalt zu legalisieren. Offenbar aus einer Vorahnung heraus, denn sie hatten teils jahrelang ohne die nötigen Papiere im Land gelebt.

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Natascha und Anton P.

Die Fluchtberichte stammen nicht von den abgebildeten Personen.

Natascha. Foto: © Frank Gaudlitz
Natascha
Foto: © Frank Gaudlitz

Natascha und Anton P.

Natascha: Am 1. Juli erlebten wir einen Raketenangriff. Zwei Raketen zerstörten ein Sanatorium. Eine weitere traf den Nebeneingang in unserem Block. Bis zur 5. Etage war alles zerstört. 22 Menschen sind gestorben. Wir mussten sie ohne Kopf begraben. Die Kinder wurden nach Deutschland gebracht.

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Das östlichste Dorf

ohne Bildtitel. Foto: © Frank Gaudlitz
Foto: © Frank Gaudlitz

Palanca, östlichstes Dorf und südlichster Grenzübergang zur Ukraine, Odessa nur 58 Kilometer entfernt. An der gut ausgebauten R 30 liegen bekannte Weinlokale und Kellereien. Das Château Purcari, erhebt sich im Kontrast zu den nahen Dörfern wie ein früherer Fürstensitz. Hier sind deutsche und österreichische Touristen gern gesehen. Bald darauf in einer Senke das Zeltlager für die Ukrainer, bewacht wie eine Kaserne. Das Personal des Innenministeriums erteilt keine Betretungserlaubnis. Man solle verstehen. Ein Fehler kann den eigenen Job kosten. Flüchtlinge gibt es zurzeit hier kaum und von der Hochstraße ist der Blick viel besser.

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Tatjana V.

Die Fluchtberichte stammen nicht von den abgebildeten Personen.

Olga M., 33 Jahre, mit ihrem Ehemann Nazarij, 33 Jahre, und Tochter Anastasia, 12 Jahre, aus Bukatynka
Foto: © Frank Gaudlitz

Tatjana V.

In den ersten zwei Wochen lebten wir im Luftschutzkeller. Ich hatte am 6. März Geburtstag und meine Nachbarn haben einen Tisch gedeckt und einen Kuchen gebacken. Ich habe mein Jubiläum im Keller verbracht.

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Vision Volintiri – Es gibt Hoffnung, wenn man sich engagiert

Richtung Volontiri. Foto: © Frank Gaudlitz
Richtung Volontiri
Foto: © Frank Gaudlitz

Walnussbaumpflanzungen sollten der kleinen Unionsrepublik in den 1970er Jahren ein individuelles Antlitz geben. Unterwegs nach Süden begleiten uns Alleen dieser anspruchslosen Bäume unaufhörlich. Auch die Straßen stammen scheinbar aus jener Zeit und weisen Ähnlichkeiten mit der Baumrinde auf: eine tiefe Maserung beherrscht die Schotterpisten, ausgefahrenen Spuren mit breiten dunklen Adern aus Bitumen ziehen sich über das hüglige Land. Der Geschwindigkeitsanspruch korrigiert sich auf durchschnittlich 30 km/h.

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Adriana P.

Die Fluchtberichte stammen nicht von den abgebildeten Personen.

Snezhana S., 28 Jahre, mit ihren Kindern aus Charkow. Foto: © Frank Gaudlitz
Snezhana S., 28 Jahre, mit ihren Kindern aus Charkiw
Foto: © Frank Gaudlitz

Adriana P.

In der Nähe von unserer Wohnung gab es einen kleinen Platz, auf dem ein Blumenmarkt war. Dorthin sind die Raketen gefallen. Das war mitten am Tag. Überall lagen getötete Menschen und Blumen. Eine Verkäuferin kannten wir. Wir haben ihr immer einen guten Tag gewünscht.

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Olga K.

Der Fluchtbericht stammt nicht von den abgebildeten Personen.

Ludmilla K.,23 Jahre, aus Kiew. Foto: © Frank Gaudlitz
Ludmilla K.,23 Jahre, aus Kiew
Foto: © Frank Gaudlitz

Mein Mann ist Oberstleutnant. Er und seine Kollegen wurden am 22.2.2022 gewarnt, dass etwas kommt. Am 23. Februar sind wir losgefahren, 1200 Kilometer nach Winnyzja. Dort sind wir zwei Tage geblieben, dann weiter nach Mohyliv Podilskyj an die Grenze, dort haben wir Verwandtschaft. Mein Mann ist in Kramatorsk stationiert und oft an der Frontlinie in Slaviansk. Die Fotos, die er schickt, sind schrecklich.

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Nina P.

Die Fluchtberichte stammen nicht von den abgebildeten Personen.

Natalja. Foto: © Frank Gaudlitz
Natalja K., 39 Jahre, mit ihrer Tochter Sofia Ivleva, 10 Jahre, aus Vinnica
Foto: © Frank Gaudlitz

Nina P.

Ich hatte Pläne, ich hatte meine Vorstellungen und Ideen, wollte mich entwickeln. Aber jetzt lebe ich in der Schwebe. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen kann. Die Menschen haben keine Träume mehr. Die Ideen und Träume sind verloren. Wir leben nur im Heute.

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Grenzen und Nachbarn

Flüchtlingsheim in Chişinău  | Foto: © Frank Gaudlitz
Flüchtlingsheim in Chişinău
Foto: © Frank Gaudlitz

Die Republik Moldau grenzt im Norden, Osten und Süden an die Ukraine, und zwar an die drei Oblasti Czernowitz, Wynnicja und Odessa. Den Meerzugang hatte man im Jahr 1940 verloren, als Stalin den Budschak der Ukraine zuschlug. Im Westen, den Pruth entlang, grenzt die Moldau an Rumänien. Annähernd parallel dazu, aber 50 bis 100 Kilometer in östliche Richtung entfernt, fließt der Nistru, Dnister oder Dnjestr dem Schwarzen Meer entgegen. Die drei Namen illustrieren die schwierige politische Gemengelage, vielleicht ist das der Grund, warum in Online-Karten der alte griechische Variante Tyra auftaucht. Er trennt das moldauische Kernland vom schmalen Landstreifen der russlandhörigen Separatistenrepublik Transnistrien.

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Larissa T.

Der Fluchtbericht stammt nicht von den abgebildeten Personen.

Oxana P., 35 Jahre, mit Ihrem Ehemann Oleg, 40 Jahre, und Ihrem Sohn Wow, 8 Jahre, aus Odessa. Foto: © Frank Gaudlitz
Oxana P., 35 Jahre, mit Ihrem Ehemann Oleg, 40 Jahre, und Ihrem Sohn Wow, 8 Jahre, aus Odessa
Foto: © Frank Gaudlitz

Larissa  T.

Mein Mann war in Sicherheit, in England, als Schiffskoch auf See. Ich aber blieb in Odessa. Jede Nacht schlief ich mit aller Kleidung. Ich hatte sogar Angst unter die Dusche zu gehen und die Kinder allein zu lassen. Dann steht man unter der Dusche und die Rakete kommt.

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