Die Republik Moldau grenzt im Norden, Osten und Süden an die Ukraine, und zwar an die drei Oblasti Czernowitz, Wynnicja und Odessa. Den Meerzugang hatte man im Jahr 1940 verloren, als Stalin den Budschak der Ukraine zuschlug. Im Westen, den Pruth entlang, grenzt die Moldau an Rumänien. Annähernd parallel dazu, aber 50 bis 100 Kilometer in östliche Richtung entfernt, fließt der Nistru, Dnister oder Dnjestr dem Schwarzen Meer entgegen. Die drei Namen illustrieren die schwierige politische Gemengelage, vielleicht ist das der Grund, warum in Online-Karten der alte griechische Variante Tyra auftaucht. Er trennt das moldauische Kernland vom schmalen Landstreifen der russlandhörigen Separatistenrepublik Transnistrien.
„Wir wissen selbst nicht, in welchem Land wir leben. Keiner weiß das.“ 180 Ziegen bewacht Anatoli auf einem alten Industriegelände, das aussieht, als ob eine russische Rakete schon vor langer Zeit eingeschlagen hat. Wir treffen ihn auf dem Weg nach Varniţa, dem letzten Dorf vor der Grenze. Die Situation ist kompliziert. Zuvor gilt es eine Exklave der Pridnestrowischen Moldauischen Republik, kurz Transnistrien, zu durchqueren, den Mikro-Rayon Nord-Bender.
Aus der Klosterkirche klingen hohe Frauenstimmen, als wir um ein Nachtlager bitten.
Der Schlafsaal mit elf Betten, in dem vor kurzen noch ukrainische Kriegsflüchtlinge untergebracht waren, wird unsere Bleibe für die kommenden Tage. Ein Klavier ist neben den Betten das einzige Möbel.