Das staatliche Flüchtlingsheim in der Bezirksstadt Donduseni ist nicht nur für die Bewohner ein Glücksfall in diesen schweren Tagen. Mit so einer Offenheit und positiven Stimmung hatten wir an einem Ort wie diesem nicht gerechnet. Die Geflüchteten (auch hier vor allem Frauen mit Kindern) stellten sich beinahe an, um mit uns in Kontakt zu kommen und fotografiert zu werden.
Wir wohnten gleich am Meer, wo die Schiffe stehen. Wir haben Sehnsucht nach dem Meer. Am 24 2. sind wir losgefahren, am 25.2. angekommen. An der Grenze haben wir lange gestanden. Schon vor dem Krieg haben wir auf gepackten Koffern gesessen mit den wichtigsten Sachen. Es gab viele Gespräche, ob es Krieg gibt, das hatte eine fast hypnotische Wirkung, aber trotzdem haben wir nicht daran geglaubt. Unsere Tochter war damals im 6. Monat schwanger und wir sind alle auf die Datscha gefahren, aber es kamen auch dort Raketen und wir sind gleich weiter über die Grenze zu Moldawien nach Palanca gefahren. In Ştefan Vodă saßen wir in einem Café, müde, und wussten nicht wohin. Uns wurde im Café ein Haus in Volintiri angeboten, einfach so. Uns war kalt, es war Februar, mein Enkelsohn hatte große Angst und schon eine Woche nicht mehr gesprochen. Wir sind geblieben. Später ist meine Tochter mit Ihrer Familie weitern nach Westeuropa gefahren. Ihr Sohn ist in Deutschland geboren.
Wir dachten nicht, solange in Moldau bleiben zu müssen. Im Sommer wohnten wir im verlassenen Elternhaus meines Schwiegersohns. Nun wird es Winter. Der Ofen ist kaputt und überall Mäuse. In Dnipro haben wir eine Drei-Zimmer-Wohnung in einem Block, die Schränke voll mit warmer Kleidung. Meine Tochter und ihr Mann sind dort geblieben, sonst wird ihnen gekündigt. Sie müssen Geld verdienen.
Der Fluchtbericht stammt nicht von den abgebildeten Personen.
Natascha B., 37 Jahre, aus Cherson mit ihrem Sohn Volodimir; Viktoria S., 29 Jahre, aus Charkiv Foto: Frank Gaudlitz
Alexandra B. aus Cherson
Ich wurde an einem Checkpoint angehalten. Zwei Russen und ein Tschetschene haben mich aus dem Bus geholt. Auf meinem Handy waren ukrainische Symbole. Sie sagten, dass ukrainische Symbole verboten sind und dass wir ihre Untertanen sind und dass sie mich 15 Jahre ins Gefängnis stecken.