Nach drei Wochen Georgien brechen wir ins Nachbarland Armenien auf. Die nächtliche Zugfahrt zwischen beiden Hauptstädten, 10,5 Stunden mit 2 stündigem Grenzaufenthalt, wählen wir nicht, sondern buchen einen Privat-Transfer.
Unser Fahrer Nodar arbeitete einige Jahre als Sternekoch in Hamburg – bis er sich mit Covid ansteckte und seinen Geruchssinn fast verlor. Jetzt verdient er als Fahrer seinen Lebensunterhalt, pendelt manchmal täglich zwischen Tiflis und Eriwan und befragt die Fahrgäste über ihre Lieblingsspeisen oder erzählt über die Geschichte der Küche aus verschiedenen Regionen Georgiens und Armeniens. Und alles in perfektem Deutsch.
Nach etwas mehr als einer Stunde erreichen wir die Stadt Marneuli, in der ca. 20.000 Menschen leben. Die wichtigste ethnische Gruppe sind die Aserbaidschaner. „Neben Aserbaidschanisch kann man auch Russisch und Armenisch hören – Georgisch aber kaum“, weiß Nodar. An Einladungen zum Tee mangelt es nicht und stolz berichtet man uns, dass diese Region eine der fruchtbarsten des Landes ist: „Du pflanzt einen Stein und er wird wachsen“. 80 Prozent des Gemüses auf den Märkten und in den Restaurants von Tiflis wächst hier. Auch Wassermelonen, Feigen, Melonen, Kiwis, Trauben und Granatäpfel werden hier angebaut. Und am Straßenrand blühen die Pfirsichbäume.
Auch im Grenzort Sadachlo unterscheidet sich das Bild deutlich von dem georgischer Orte. Überall Männerrunden, im Park, in Höfen und auf den Straßen, meist beschäftigt mit Brettspielen, diskutierend und Tee trinkend. Ihre Frauen bleiben unsichtbar.
Dagegen unübersehbar am modernen Grenzübergang die Aufreihung der Staatsflaggen: georgisch, armenisch, europäisch…
Auf der armenischen Seite verändert sich die Landschaft zusehends. Die H53 bietet eine reizvollere Route. Die Hügel sind kaum noch baumbestanden, Serpentinen schlängeln sich durch kleine Bergketten, Felsformationen aus rosa oder gelbem Tuffstein verweisen auf das charakteristische Baumaterial, aus welchem viele Dörfer und Städte erbaut sind.
Die nördlichen Täler gehören schon zu Aserbaidschan und nominell auch das Teilstück unserer Strasse bei Voskepar. Links auf einem Hügel, liegt ein leeres Dorf, dessen Bewohner aus Angst vor aserbaidschanischen Scharfschützen ihren Heimatort aufgaben.
Was für Frank ein Foto wert ist, ist für die armenischen Grenzposten nicht akzeptabel. Erst jetzt erkennen wir das mit Autoreifen befestigte Militärobjekt oberhalb des Dorfes. Einer der alarmierten Soldaten rennt vom Hügel auf uns zu und lässt genug Zeit, um die Speicherkarte zu wechseln sowie für einen Schnappschuss auf die nahegelegene Dorfkirche. Das verwischte Foto der Kirche entspannt die Situation und der Soldat weist uns den Weg zu einem besseren Fotostandpunkt. Es ist die Kirche der Heiligen Mutter Gottes, die uns ihren Schutz gewährte. An diesem Sonntag ist sie geöffnet – es ist Ostern.