Im Grenzgebiet zu Südossetien

Familie in Kvemo Chala. Foto: © Frank Gaudlitz
Familie in Kvemo Chala
Foto: © Frank Gaudlitz

Am Sonntagmorgen brechen wir mit einer Gruppe georgischer und russischer Freiwilliger in Richtung der südossetischen Grenze auf. Dawit Katsarawa, der Anführer der Anti-Besatzungsbewegung für Südossetien, hat unserer Teilnahme an dieser Aktion zugestimmt.

Nach dem Kaukasuskrieg von 2008 zwischen Georgien und Russland verblieben russische Truppen als Besatzer in Südossetien und Abchasien. Die Unabhängigkeit der beiden Regionen wird außer von Russland nur von wenigen Ländern der Welt anerkannt. Das georgische Außenministerium hatte 2022 darauf hingewiesen, dass es immer wieder Verschiebungen der Grenzmarkierungen in Richtung des georgischen Staatsgebietes gibt. Illegale Verhaftungen, Entführungen, schwere Menschenrechtsverletzungen und ethnische Diskriminierung der georgischen Bevölkerung in Südossetien und Abchasien sind an der Tagesordnung.

Etwa 10.000 Menschen – buchstäblich nur einige Dörfer – leben in der Nähe der Grenze auf der georgischen Seite. Viele internationale Organisationen bringen ihnen humanitäre Hilfe, aber das Leben entlang dieser Grenze ist unsicher. Da die jetzige georgische Regierung nicht an einem Aufflammen des Konflikts mit den nördlichen Nachbarn interessiert ist – die Abhängigkeit von Russland ist groß – ignoriert sie die schrittweise Beschlagnahme von Land und die Errichtung neuer Grenzbarrieren. Dawit Katsarawa (übrigens ein ehemaliger Schauspieler) bezeichnet die Situation als „schleichende Besatzung“. Zusammen mit seinen Anhängern besucht er regelmäßig die Grenzregionen, um mit den Bewohnern über die aktuelle Situation zu sprechen und ihnen mit Lebensmitteln und Medikamenten zu helfen.

An manchen Tagen lässt die georgische Polizei die Opposition nicht in die Grenzdörfer, da für den Zugang eine Sondergenehmigung erforderlich ist. Nach langer Wartezeit an der Polizeistation mit Diskussionen und endlosen Telefonaten wird uns die Weiterfahrt in das Dorf Kvemo Chala gestattet, begleitet jedoch von mehreren Polizeiwagen. Allerdings wird Dawit und uns die Gesprächsaufnahme mit Bewohnern und das Betreten ihrer Grundstücke verboten.

Erneut verhandeln Polizei und Opposition in Kvemo Chala ergebnislos fast zwei Stunden. Letztlich werden wir aufgefordert, das Grenzgebiet zu verlassen und noch lange von einem Pick Up der Polizei eskortiert.   

Einfacher gestaltet sich die Einfahrt zu einem Dorf weiter östlich, ebenfalls nahe der „bewegliche“ Grenze. Dort wohnt Großmutter Nanuli und ihre drei Enkelkinder. Ein weiterer Enkel liegt im Krankenhaus. Die Eltern der Kinder arbeiten in der Stadt. Nanuli erzählt, dass die Grenze immer näher rückt und die Dorfbewohner Angst haben, in den Wald zu gehen, um Brennholz zu holen. Ständig entdecken sie dabei neue Schützengräben. 

Nanul Aniaschwili und ihre Enkelkinder. Foto: © Frank Gaudlitz
Nanul Aniaschwili und ihre Enkelkinder
Foto: © Frank Gaudlitz
Enkelkind 1. Foto: © Frank Gaudlitz
Foto: © Frank Gaudlitz
Enkelkind 2. Foto: © Frank Gaudlitz
Foto: © Frank Gaudlitz

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