In Moldaus Hauptstadt Chişinău geht der Moskauer Boulevard in die Kiewer Straße über und zeugt von alten Verbindungslinien.
Widersprüchlicher wird mit der Vergangenheit andernorts umgegangen.
Das ehemalige Hotel National, ein Bauwerk der sozialistische Moderne, wird zum Austragungsort politischer Haltungen zum Krieg.
Nach Kriegsbeginn bemalte man die Fassade über zwölf Etagen und in ganzer Breite von 17 Balkonfluchten, sechs Etagen gelb, sechs blau und verwandelte das Hotel in eine riesige ukrainische Fahne. Das erzürnte die pro-russischen Kräfte im Land und sie schritten mit Farbe und Malerrolle ebenfalls zur Tat. Schwarz-Orange-Schwarz-Orange-Schwarz, die Farben des Sankt-Georg-Bands, dem Siegeszeichen im Großen Vaterländischen Krieg, das in Russland allgegenwärtig ist und als Zustimmung für die Politik Putins gilt, wurden nun auf die Balkone gepinselt, worauf wieder pro-ukrainische Maleraktivisten gefordert waren.
Der andauernde Krieg erschöpfte schließlich auch die politischen Handwerker und indem zumindest die orangenen Fluchten neutralisiert wurden, ist scheinbar ein Waffenstillstand gefunden.
Einige Querstraßen weiter, vor den hohen Säulen des Innenministeriums, hat die Zeltkampagne von Ilan Shor ein neues Protestgelände eingenommenen. Redner der Kommunisten, Redner der Sozialisten, wieder die gleichen Rufe: „Weg mit Maia Sandu. Die Preise steigen täglich.“ Wie ein Echo hallen sie vom ersten bis zum letzten Tag meines Aufenthalts wider.
Der Gaspreis hat sich verfünffacht. Ein Kubikmeter kostet derzeit ca. 1,50 Euro, in der Ukraine dagegen 0,25 Euro. Und in Transnistrien, das von Russland beliefert wird, schlägt ein politischer Preis von 0,064 Euro zu buche.
Den Armen steckt die Wut im Hals.