Frank Gaudlitz: KOSMOS RUSSLAND

Fotografien 1988–2023 | Ausstellung in Berlin

Seit mehr als drei Jahrzehnten setzt sich Frank Gaudlitz fotografisch mit der Entwicklung Russlands auseinander, beginnend 1988, den letzten Jahren der Sowjetunion, entwarf er in den 1990er Jahren anhand der Lebenssituation des Einzelnen ein psychologisches Gesellschaftsporträt dieser verlustreichen Zwischenzeit.

Nach einem größeren zeitlichen Abstand beschäftige er sich 2017/18 Jahren erneut mit den Veränderungen in Russland. Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Arbeit steht im Spannungsfeld von Inszenierung und Realität. Ganz bewusst bewegte er sich auf ideologische und touristische Klischees der russischen Gesellschaft zu und suchte Orte auf, in denen ein patriotisches Bildvokabular bemüht wurde, das aus der kommunistischen Ära adaptiert scheint.

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KOSMOS RUSSLAND. DIE AUSSTELLUNG.

Kosmos Russland – Titelbild des Flyers zur Ausstellung in Berlin. Foto: © Frank Gaudlitz
Kosmos Russland – Titelbild des Flyers zur Ausstellung in Berlin
Foto: © Frank Gaudlitz

Mit dem Beitrag vom 25. Juli  Kutaisi – Eriwan pausiert unser Blog:
Grenzland zwischen Krieg und Frieden.
Moldau, Georgien, Armenien, Ukraine. Reisen in die Gegenwart.

Eine Reise in die Ukraine wird für das Jahr 2024 vorbereitet. Die Hoffnung richtet sich auf Frieden.

Zunächst möchten wir auf die Ausstellung
FRANK GAUDLITZ | KOSMOS RUSSLAND | FOTOGRAFIEN 1988 – 2023 
aufmerksam machen, in der auch erstmalig eine größere Anzahl Porträts und Interviewfragmente von Ukrainern und Russen, die ihr Land verlassen mussten, präsentiert wird

Ausstellungsort:
Kommunale Galerie Berlin
Hohenzollerndamm 176, 10713 Berlin
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der Einladungskarte:

Über Ihr Kommen würden wir uns sehr freuen.

Angelika Davydova, Paulus Adelsgruber, Frank Gaudlitz

Kutaisi – Eriwan

Nikolaj, 40 Jahre, aus St. Petersburg. Foto: © Frank Gaudlitz
Nikolaj, 40 Jahre, aus St. Petersburg
Foto: © Frank Gaudlitz

Wir begannen unsere Fotoreise in Kutaisi und beendeten sie in Eriwan.

In Kutaisi habe ich es nicht geschafft, meinen Bekannten Alexander zu sehen – einen Dokumentarfilmer aus Russland, dessen Familie ihn nach Ankündigung der Mobilmachung buchstäblich aus St. Petersburg „vertrieben“ hatte. Unglaublicher Weise traf ich ihn in Eriwan, wo er seine Frau und sein Kind abholte, die eine Woche lang zu Besuch kamen. Alexander hatte Angst, dass man ihn nicht nach Georgien zurückkehren lässt, er hatte Angst, dass er sich nach so langer Trennung mit seiner Frau streiten könnte, und er befürchtet, dass er nicht mehr beruflich arbeiten kann.

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Darja R., 37 Jahre, aus Moskau

Die Namen wurde aus Sicherheitsgründen geändert.

Walentina J., 31Jahre, mit ihrem Mann Jegor, 34 Jahre und ihren Söhnen Iwan, 7 Jahre und Nikita, 2 Jahre, aus Wolgograd. Foto: © Frank Gaudlitz
Walentina J., 31Jahre, mit ihrem Mann Jegor, 34 Jahre und ihren Söhnen Iwan, 7 Jahre und Nikita, 2 Jahre, aus Wolgograd
Foto: © Frank Gaudlitz

Wir haben die derzeitige Regierung in der Russischen Föderation nie unterstützt, wir haben alles getan, was wir konnten. Wir sind zu den Kundgebungen gegangen, wir haben denen gespendet, die es nötig hatten, wir haben denen geholfen, die Hilfe brauchten, aber wir haben verloren. Ich war eine der wenigen in meinem Moskauer Freundeskreis, die sich sicher war, dass der Krieg kommen würde.

Es klingt ein wenig weit hergeholt, aber es ist wahr. Ich hatte einen sehr beängstigenden Traum und einen seltsamen Traum in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar.

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Natalja S., aus der Region Charkiw

Die Namen wurde aus Sicherheitsgründen geändert.

Sascha K., aus Kasan / Russland. Foto: © Frank Gaudlitz
Sascha K., aus Kasan / Russland
Foto: © Frank Gaudlitz

Darf ich Ihnen mein Zuhause zeigen:

Das ist meine Familie, mein Mann, meine beiden Töchter, sie sind klein, das ist unser Land, das ist die Sauna, die es nicht mehr gibt. Das ist meine ältere Tochter, das ist die Jüngste, das ist unser Garten. Ein Hund. Meine älteste Tochter hat die Schule mit einer Goldmedaille abgeschlossen. Das war unser Keller. Ja, das ist unser Garten. Das war der Pool. Das bin ich am Abend. Wir hatten dort tolle Sonnenuntergänge. Hier noch ein Hund, der dort unter der Besatzung zurückgelassen wurde. Hier war ein Teich, in dem lebten Karpfen, die sind natürlich auch alle gestorben. Hier sind die Weintrauben, das ist das Badehaus. Das ist der Winter. Das Grundstück war ziemlich groß, es gab viele Bäume. Wir haben Berge, Hügel, so schöne Orte. Das sind unsere kleinen Hunde. Das ist alles, was von meinem…

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Richtung Armenien

Armenien. Foto: © Frank Gaudlitz
Armenien
Foto: © Frank Gaudlitz

Nach drei Wochen Georgien brechen wir ins Nachbarland Armenien auf. Die nächtliche Zugfahrt zwischen beiden Hauptstädten, 10,5 Stunden mit 2 stündigem Grenzaufenthalt, wählen wir nicht, sondern buchen einen Privat-Transfer.

Unser Fahrer Nodar arbeitete einige Jahre als Sternekoch in Hamburg – bis er sich mit Covid ansteckte und seinen Geruchssinn fast verlor. Jetzt verdient er als Fahrer seinen Lebensunterhalt, pendelt manchmal täglich zwischen Tiflis und Eriwan und befragt die Fahrgäste über ihre Lieblingsspeisen oder erzählt über die Geschichte der Küche aus verschiedenen Regionen Georgiens und Armeniens. Und alles in perfektem Deutsch.

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Tiflis

Tiflis. Foto: © Frank Gaudlitz
Tiflis
Foto: © Frank Gaudlitz

In Tiflis hat die neue Migrationswelle aus Russland zu einer Reihe neuer Lokale geführt – Bars, Restaurants, Buchclubs, Kulturräume und Galerien. Viele dieser Lokale sind praktisch nur für „Umgesiedelte“ mit russischsprachigem Hintergrund geöffnet, was von der lokalen Bevölkerung, insbesondere in Tiflis, oft kritisiert wird.

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Marina S., 45 Jahre, aus Mariupol

Die Namen wurde aus Sicherheitsgründen geändert.

Dmitri Morozow, 45 Jahre, mit seiner Frau Julia, 27 Jahre, und ihren Kindern Maria,15 Jahre, und Svajtoslav, 6 Jahre, aus Nowa Kachowka. Foto: © Frank Gaudlitz
Dmitri Morozow, 45 Jahre, mit seiner Frau Julia, 27 Jahre, und ihren Kindern Maria,15 Jahre, und Svajtoslav, 6 Jahre, aus Nowa Kachowka
Foto: © Frank Gaudlitz

Wir kommen aus Mariupol. Die Stadt war auf unserer Seite schon überrannt worden. Wir kamen unter Beschuss und alle saßen im Keller. Nur ich war bei meinem Vater in der Wohnung im vierten Stock, weil er im Rollstuhl saß. Damit Sie es verstehen, es ist Winter, es war sehr kalt, eiskalt, es war März, es waren -16°C, keine Fenster, nichts. Das Militär kam und gab uns fünf Minuten Zeit zum Packen.

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Die Russen, die wir in Georgien treffen …

Waleria W., 26 Jahre und Dmitrij S., 21 Jahre, aus St. Petersburg. Foto: © Frank Gaudlitz
Waleria W., 26 Jahre und Dmitrij S., 21 Jahre, aus St. Petersburg
Foto: © Frank Gaudlitz

– viele von ihnen politische Aktivist:innen, Oppositionspolitiker:innen, Anwält:innen, Journalist:innen – haben die Hoffnung auf Rückkehr nicht. Selbst wenn der Krieg vorbei wäre, erwarten sie grundlegende politische Veränderungen erst in 10 oder 20 Jahren.

Viele von ihnen fühlen sich verloren, auch wenn einige ihre Arbeit im Netz fortsetzen können. Der Verlust einer direkten politischen Aktivität ist deprimierend. 

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